Faktencheck: Hilft Akupunktur bei Rückenschmerzen?

07.06.2022 | Gesundheitstipps

Viele Patienten mit akuten oder chronischen Rückenschmerzen testen die Akupunktur. Doch hilft Akupunktur bei Rückenschmerzen? Wir machen für Sie den Faktencheck.

Bei der Akupunktur werden an ausgewählten Punkten kleine Nadeln in den Körper gesteckt. Die Akupunktur soll bei vielen Erkrankungen einen positiven Effekt haben. Auch bei Rückenschmerzen soll Akupunktur die Beschwerden lindern. Doch helfen Nadeln gegen Schmerzen? Wir haben für Sie die Fakten geprüft.

Hintergrund: Was ist Akupunktur?

Akupunktur ist eine Behandlungsmethode aus der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM). Sie kommt schon seit vielen Jahrhunderten in der fernöstlichen Medizin zum Einsatz. Bei der Akupunktur werden an bestimmten Körperstellen – den sogenannten Akupunkturpunkten – feine Nadeln in die Haut gestochen. Die Einstiche entlang sogenannter Energiebahnen –(Meridiane) sollen den Energiefluss im Körper verändern und dadurch Schmerzen lindern, Blockaden lösen und generell die Selbstheilungskräfte stärken.

Wann wird Akupunktur angewendet?

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat eine Liste von über 100 Erkrankungen zusammengestellt, für die eine Akupunkturbehandlung infrage kommt. Hauptanwendungsgebiete für Akupunkturbehandlungen sind laut WHO:

  • Kopfschmerzen,
  • Migräne,
  • chronische Rückenschmerzen,
  • Rheumatoide Arthritis
  • Asthma,
  • Allergien,
  • Bronchitis.

Wie wirksam ist Akupunktur?

Die Forschungsergebnisse zur positiven Wirkung von Akupunktur sind allerdings sehr dürftig. In wissenschaftlich kontrollierten Studien ließen sich bis jetzt keine „Energiebahnen“ im Körper nachweisen. Tests zeigten, dass es keine Rolle zu spielen scheint, an welchen Punkten die Nadeln genau gesetzt werden und ob sie die Haut durchstechen oder nicht. Die „Schein-Akupunktur“ schnitt oft genauso gut oder schlecht ab wie die „richtige“ Akupunktur. Kritiker der Akupunktur vermuten, dass weniger die Nadeln als vielmehr die Einbildungskraft für einen Rückgang der Symptome sorge. Akupunktur-Effekte seien von Placebo-Effekten kaum zu unterscheiden. Möglich ist aber auch, dass durch das Setzen von Akupunkturnadeln schmerzlindernde Botenstoffe im Nervensystem freigesetzt werden. Welche Mechanismen im Körper durch Akupunktur ausgelöst werden, haben Wissenschaftler noch nicht abschließend geklärt.

Wer heilt hat recht?

Trotz der fehlenden Evidenz bewirkt Akupunktur bei zahlreichen Menschen etwas im Körper und in der Seele. Mittlerweile sprechen sich viele Schmerzforscher dafür aus, die Placebo-Effekte bei der chronischen Schmerzbehandlung zu nutzen. Denn auch die Rolle der Psyche sei bei der Schmerzverarbeitung im Gehirn nicht zu unterschätzen. Durch Erwartungen, Suggestion, aber auch Stress lässt sich die menschliche Psyche nämlich manipulieren. So haben beispielsweise bunte Pillen, die besonders wirksam aussehen, eine größere schmerzlindernde Wirkung als „normale“ Tabletten. Auch bei geheimnisvoll wirkenden Maßnahmen wie der Akupunktur lassen sich solche Effekte beobachten.

Hilft Akupunktur bei Rückenschmerzen?

Ob Akupunktur hilft, kann von vielen Faktoren abhängen, zum Beispiel von der Qualifikation des Therapeuten. Außerdem gibt es verschiedene Akupunkturtechniken. Sie unterscheiden sich darin, an welchen Körperstellen der Akupunkteur die Nadeln setzt. Bis heute gibt es nur wenige aussagekräftige Studien zur Wirkung von Akupunktur bei chronischen Rückenschmerzen.

In der qualitativ hochwertigsten Studie half Akupunktur beispielsweise nicht besser als eine vorgetäuschte Akupunktur. In anderen Studien linderte die Akupunktur die Rückenschmerzen nur geringfügig. Im Fachjargon spricht man von einer „moderaten Evidenz für eine kurzfristige Schmerzlinderung“. Allerdings war der Effekt auch hier nur schwach und nicht von Dauer.

Die Leitlinie „Kreuzschmerz“ kommt zu folgender Empfehlung:

  • Bei akuten Kreuzschmerzen sollte die Akupunktur nur sehr eingeschränkt zur Behandlung angeboten werden, wenn sich andere Behandlungsversuche als nicht erfolgreich erwiesen haben. Die Akupunktur sollte gemeinsam mit aktivierenden Maßnahmen und in möglichst wenigen Sitzungen zum Einsatz kommen. Insgesamt ist die Wirksamkeit bei akuten Kreuzschmerzen nicht gut belegt. Studien deuten darauf hin, dass sich die Schmerzen im Vergleich zu einer Scheinakupunktur kurzfristig etwas mildern lassen. Allerdings sind die Ergebnisse nicht sonderlich aussagekräftig. Nach mehreren Akupunktur-Sitzungen war kein Unterschied mehr zu beobachten. Die Akupunktur ist also nur eine „Reserve-Maßnahme“, wenn wirksamere Behandlungen wie Bewegung und Medikamente keine Besserung gebracht haben. Sie ist eine Unterstützung, kein Ersatz.
  • Bei chronischen Kreuzschmerzen können Ärzte ihren Patienten die Akupunktur anbieten. Die Wirksamkeit der Nadeln ist hier zwar etwas besser untersucht, aber die Ergebnisse besitzen auch keine genügende Aussagekraft.

Akupunktur: Was zahlt die Krankenkasse?

Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen nur die Kosten für Akupunktursitzungen bei chronischen Rücken- und Knieschmerzen. Der behandelnde Arzt muss für die Abrechnung mit der Kasse eine Zusatzausbildung „Akupunktur“ und gründliche Kenntnisse in den Bereichen Schmerztherapie und Psychosomatik vorweisen. Eine Akupunktursitzung beim Heilpraktiker müssen Patienten selbst bezahlen. Auf der Webseite der Deutschen Ärztegesellschaft für Akupunktur finden Sie geprüfte Akupunktur-Ärzte in Ihrer Nähe.

Gibt es Nebenwirkungen bei Akupunktur?

Das Risiko für ernsthafte Nebenwirkungen ist bei Akupunktur sehr gering. Allerdings kann es durch das Setzen von Akupunkturnadeln zu kleinen Blutungen oder Blutergüssen kommen. Um Infektionen zu vermeiden, sollten sterile Einwegnadeln verwendet werden.

Quellen