Trend Waldbaden: Warum Bäume zum Wohlbefinden beitragen

27.10.2022 | Gesundheitstipps

Verschreiben Ärzte in Deutschland bald die Natur auf Rezept? In Japan ist das jedenfalls gängige Praxis. Lesen Sie, warum Waldbaden Körper, Geist und Seele gut tut und welche Wirkungen die Frischluftkur auf uns hat.

Trend Waldbaden: Wohltat für Körper und Seele

Aus Japan ist ein neuer Trend nach Deutschland geschwappt: Waldbaden! Auf Japanisch heißt das Baden in der Waldluft „Shirin Yoku“. Diesen Begriff prägte das japanische Ministerium für Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischerei im Jahr 1982. Gemeint ist, dass ein Mensch in Kontakt mit dem Wald kommt und dessen Atmosphäre in sich aufnimmt. In Japan und Südkorea hat das Waldbaden eine langjährige Tradition. Ärzte verschreiben ihren Patienten das Eintauchen in die Tier- und Pflanzenwelt sogar auf Rezept. Denn japanische Forscher haben in einigen Studien herausgefunden, dass Wälder der Gesundheit gut tun und eine Wohltat für Körper, Seele und Geist sind. Zukünftig wollen Ärzte vielleicht auch hierzulande die Klimatherapie gezielt zur Prävention, Behandlung und Rehabilitation einsetzen.

Anti-Stress-Kur für mehr innere Ruhe

Die Natur soll den Stress vertreiben, unter dem nicht nur in Japan, sondern weltweit viele Großstädter leiden. Auch die Ängste, Sorgen und seelischen Nöte sollen sich zwischen den Bäumen in Luft auflösen. Und schließlich versprechen sich Ärzte positive Effekte auf den Körper. Eigentlich ist die Idee naheliegend, Waldbaden medizinisch zu nutzen. Dass ein Waldspaziergang etwas Befreiendes, Reinigendes und Beflügelndes haben kann, weiß im Grunde jeder, der regelmäßig die Stille und frische Luft ohne Autoabgase genießt. Hier lässt es sich wunderbar abschalten von der Hektik des Alltags. Sie können sich hier auch digital entgiften – vorausgesetzt, Sie lassen Ihr Smartphone zu Hause.

Neue Energie: Die gesundheitsfördernde Wirkung der Waldluft

Die Idee des Waldbadens bedeutet aber nicht nur, einfach im Grünen spazieren zu gehen. Manche machen deshalb sogar eine Waldbaden-Ausbildung. Sie sollen die dortige Atmosphäre bewusst und intensiv erspüren, wahrnehmen und in sich aufnehmen. Die Natur spricht alle Sinne an und schärft sie: das Hören, Sehen, Riechen, Fühlen und sogar das Schmecken. Vielen gelingt es beim Baden zwischen Tannen, sich besser auf den Moment zu konzentrieren, loszulassen vom Grübeln und Nachdenken und ihre Achtsamkeit zu trainieren. Folgende Wirkungen hat das Waldbaden auf die Sinne:

  • Die Augen nehmen unterschiedliche Farben wahr, zum Beispiel das in allen Schattierungen gefärbte Herbstlaub.
  • Mit Ihrer Nase erschnuppern Sie den Geruch von Holz, Erde oder Wald- und Wiesenblumen. Zu den Sinneseindrücken zählen auch die pflanzlichen Duftstoffe (Terpene, ätherische Öle), mit denen die Pflanzen untereinander oder mit Tieren kommunizieren. Der Duft der Terpene soll einen großen Einfluss auf unser Nervensystem haben.
  • Die Ohren hören Geräusche, die in der Stadt selten geworden sind: Vogelstimmen, das Knacken der Zweige unter Ihren Schritten, das Rascheln der Blätter im Wind oder das leise Plätschern eines Bachs. Auch die Stille und das Fehlen von Autolärm oder Handyklingeln können Sie „hören“.
  • Mit Ihren Händen erfühlen Sie die Beschaffenheit von Materialien, die Sie vielleicht so nicht mehr kennen: Blätter, die glatt, gezackt oder behaart sind, Baumrinde oder Wurzeln.
  • Der Wald bietet zudem eine Vielzahl von kostenlosen Lebensmitteln, zum Beispiel Himbeeren, Walderdbeeren, Heidelbeeren oder Brombeeren. Wer sich diese in den Mund steckt, verschafft sich meist ein Geschmackserlebnis der anderen Art. Denn Waldfrüchte haben kaum etwas mit jenen aus dem Gewächshaus oder Supermarkt zu tun. Sie werden überrascht sein, was der Wald Ihnen bieten kann.

Was bringt das Waldbaden für die körperliche und mentale Gesundheit?

Auch wenn die Auswirkungen des Waldbades auf Körper, Geist und Seele noch weiter wissenschaftlich erforscht werden müssen – folgende Effekte versprechen sich Ärzte davon:

  • Ihr gestresster Körper und Geist erholen sich in kurzer Zeit. Waldbaden soll sich positiv auf den Kortisol-Spiegel auswirken. Viele beschreiben nach dem Bad im Wald, dass der Alltagsstress „wie weggeblasen“ sei und sie neue Kraft verspüren.
  • Sie stärken Ihre Achtsamkeit, indem Sie lernen, sich besser auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren und den Moment bewusst wahrzunehmen. Dies tut der Seele und dem Geist gut.
  • Die Luft, die Sie im Wald einatmen, ist qualitativ deutlich besser als in den Städten und enthält kaum Schadstoffe. Dies wirkt sich positiv auf Ihre Atemwege, Ihre Haut, das Herz, die Gefäße und das Immunsystem aus. Auch der Blutdruck soll sinken. Die hohe Luftfeuchtigkeit im Wald ist zudem gut für Lunge und Bronchien.
  • Im Wald ist es meist kälter, weil die Sonne selten durch die Blätter der Bäume dringt. Durch die Kühle steigern Sie Ihre körperliche Fitness und härten Ihren Körper ab. Im Wald herrschen oft Dämmerlicht und besondere Lichtverhältnisse – viele fühlen sich in dieser grünen Atmosphäre geborgener als im grellen Licht der Stadt. Das soll die Stimmung heben.
  • Und zuletzt tun Pflanzen, Bäume, Holz und Erde ganz einfach der Psyche gut.

Forscher testen positive Auswirkungen eines Aufenthalts im Wald

Waldbaden ist eine kostengünstige Art der Therapie und Krankheitsprävention. In Deutschland gibt es bereits einige Kur- und Heilwälder, in denen in Pilotprojekten die Wirkung der Natur auf die menschliche Gesundheit beobachtet wird. Zum Beispiel auf Usedom in Mecklenburg-Vorpommern. Dort erforschen Wissenschaftler, inwieweit sich Wälder zur Vorbeugung und Behandlung von Krankheiten sowie als Reha-Maßnahme eignet. Erste Ergebnisse zeigen, dass die dortigen Wälder die Erwartungen hervorragend erfüllen.

Wie gesund ist ein Spaziergang durch den Wald?

Mit den gesundheitlichen Vorteilen eines Waldspaziergangs befasst sich auch Joachim Rathmann von der Julius-Maximilians-Universität (JMU) Würzburg. Er leitet seit Mai 2022 ein von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) über drei Jahre gefördertes Projekt zum Thema „gesundheitsrelevante Effekte verschiedener urbaner Waldstrukturen“. Die Feldversuche werden im Augsburger Stadtwald durchgeführt. Die Forscher interessieren sich dafür, welche Auswirkungen ein Waldspaziergang auf den Menschen hat. Um die Einflüsse objektiv zu erfassen, schicken sie Gruppen von Studierenden los. Die eine Hälfte begibt sich in den Wald, die andere verbringt die gleiche Zeit in der Stadt. Während des Spaziergangs messen die Forscher die Ausschüttung des Stresshormons Kortisol, den Blutdruck, die Herzrate und die Hautleitfähigkeit. Anschließend vergleichen sie, ob und wie sich die Effekte von Stadt und Wald unterscheiden.

Waldbaden Alternative: Ab ins Museum!

Auch wenn die Wirkung der Natur auf die Gesundheit noch nicht ausreichend in wissenschaftlichen Studien nachgewiesen ist: Probieren Sie es aus – Ihrer Gesundheit schaden wird Ihnen ein Aufenthalt im Grünen sicher nicht! Noch ein Tipp, falls Wälder nicht ganz nach Ihrem Geschmack sind. Entdecken Sie die positive Wirkung eines Museumsbesuchs. Im kanadischen Montreal verschreiben Ärzte einen Besuch im Museum auf Rezept. Wer sich in die Kunst vertieft, schüttet Glückshormone aus. Davon ist die Vizepräsidentin der kanadischen Ärztevereinigung überzeugt.

Quellen: