Einfach gut beraten im Februar: Elternunterhalt und Angehörigen-Entlastungsgesetz

07.02.2020 | Gesundheitskompetenz

Frau Isabell Liebthaler (Name geändert, Anm. d. Red.) muss schwer schlucken, als sie den Betrag von 2.200 Euro monatlich in dem Beratungsgespräch hört. Sie sitzt gerade im örtlichen Pflegeheim und erkundigt sich bei der Pflegeheimleiterin nach einem Dauerpflegeheimplatz für ihre Mutter. Die Pflege zuhause mit dem Pflegedienst reicht leider nicht mehr aus. Auch der Treppenaufgang und der enge Wohnungsflur stellen für die Mutter, die mittlerweile am Rollator geht, große Hindernisse dar.

In einem vorausgegangenen Gespräch mit ihren Geschwistern haben alle Kinder gemeinsam eine Entscheidung gefällt. Es geht nicht anders, aber es ist besser, wenn Mama ins Heim umzieht. Und so unrecht ist es ihr gar nicht, erfahren die Kinder. Allein in der Wohnung ist sie doch recht einsam den ganzen Tag, hat sie schließlich zugegeben.

Der im Pflegeheim genannte Betrag von 2.200 Euro müsste ihre Mutter als Bewohnerin monatlich aus privater Tasche bezahlen. Frau Liebthaler nimmt das Informationsmaterial einschließlich der Preisliste mit nach Hause. Diesen Schock muss sie erstmal verdauen. Zudem kann sie dies nicht alleine entscheiden. Sie muss sich nochmals mit ihren Geschwistern besprechen. Die Pflegeheimleiterin zeigt sich verständnisvoll, rät ihr aber sich baldmöglichst zu melden, ob der Platz genommen wird. Ein freier Pflegeheimplatz ist immer rasch vergeben und sie kann ihn nicht sehr lange für die Familie reservieren.

Frau Liebthaler setzt sich zuhause mit dem Informationsmaterial hin und sammelt nochmals alle Fakten. Sie beschließt bei der SDK Gesundheitsberatung anzurufen, um sich mit der Beraterin für Pflege und Soziales Frau Schober auszutauschen.

Frau Schober erklärt ihr, dass es sich bei dem im Pflegeheim genannten Betrag um den einrichtungseinheitlichen Eigenanteil handelt. Die Pflegeversicherung leistet bei einer vollstationären Pflegeversorgung eine finanzielle Unterstützung. Dieser Betrag reicht jedoch nicht aus, um die Heimkosten zu decken. Somit fällt ein monatlicher Eigenanteil auf den Bewohner zurück, der aber für alle Bewohner inzwischen einheitlich ist. Wie hoch dieser ist, kann von Pflegeheim zu Pflegeheim unterschiedlich sein.

Frau Liebthaler weiß ungefähr, was ihre Mutter an Rente bekommt. Ihre Ersparnisse kennt sie nicht im Detail. Aber sie weiß, dass es für ihre Mutter nicht über einen längeren Zeitraum möglich sein wird monatlich einen so hohen Betrag aufzubringen. Ist nun die Versorgung im Pflegeheim hinfällig, fragt Frau Mahler.

Wer die Kosten für die Pflegeversorgung durch einen Pflegedienst oder ein Pflegeheim nicht selbst aufbringen kann, kann beim zuständigen Sozialamt einen Antrag auf Sozialhilfe stellen, der sogenannte Antrag auf Hilfe zur Pflege. Der Sozialhilfeträger kann als Kostenträger eintreten und Pflegekosten bezahlen. Zunächst muss der Bedürftige allerdings sein Einkommen und teilweise sein Vermögen zur Deckung der Pflegekosten einsetzen.

Frau Schober erklärt weiter, was für die Kinder zu beachten ist. Kinder sind ihren Eltern gegenüber zum Unterhalt verpflichtet, wenn die Eltern ihren Lebensunterhalt nicht selbstständig bezahlen können. Dies ist allerdings nur dann möglich, wenn die Kinder selbst genug Geld haben. Denn die Kinder sollen durch die Unterhaltspflicht keine Verschlechterung ihres eigenen Lebensstandards erfahren.

Seit Inkrafttreten des Angehörigen-Entlastungsgesetzes am 01.01.2020 werden nur noch die Kinder zum Unterhalt verpflichtet, deren Jahresbruttoeinkommen die 100.000 Euro-Grenze übersteigt. Frau Liebthaler berichtet, dass alle drei Kinder berufstätig sind. Sie und ihr Bruder haben ein eher mittleres Einkommen. Ihre Schwester gehöre zu den recht Gutverdienenden. Das Sozialamt wird von den eventuell unterhaltspflichtigen Kindern Nachweise über Einkünfte verlangen, um Unterhaltsansprüche klären zu können. Bei Kinder mit einem jährlichen Bruttoeinkommen von mehr als 100.000 Euro berechnet das Sozialamt die Höhe des Unterhalts. Kurz gesagt: Vom tatsächlichen Nettoeinkommen werden bestimmte Freibeträge abgezogen. Dazu gehören Rücklagen für die Altersvorsorge, berufsbedingte Aufwendungen (Fahrkosten) und Darlehensverbindlichkeiten. Ebenso kann ein Selbstbehalt abgezogen werden. Der Selbstbehalt ist für Mietkosten, Rundfunkbeiträge, Hausrats- und Haftpflichtversicherungsbeiträge und weitere Dinge des alltäglichen Lebens gedacht.

Seit 01.01.2020 beträgt der Selbstbehalt bei Alleinstehenden Kindern 2.000 Euro. Verheirateten Kindern steht zu den 2.000 Euro ein zusätzlicher Selbstbehalt von 1.600 Euro für den Ehepartner zur Verfügung. Bei unverheirateten Kindern mit eigenen Kindern gibt es ebenfalls Freibeträge. Die Folge: Wenn nach Abzug des Selbstbehalts vom Nettoeinkommen ein Betrag übrigbleibt, so muss dieser zur Hälfte als Unterhalt für die Eltern an das Sozialamt bezahlt werden. Klingt alles sehr kompliziert, gibt Frau Liebthaler zu. Sie möchte wissen, wie jetzt die weiteren Schritte aussehen. Frau Schober zeigt auf, dass die Familie sich nun an das zuständige Sozialamt wenden kann. Dort gibt es eine Beratung zum Thema Antrag auf Hilfe zur Pflege, Hilfestellung beim Antrag und rechtsverbindliche Informationen zum Elternunterhalt. Frau Liebthaler wird sich nun mit ihren Geschwistern besprechen. Für das Erste ist sie erleichtert. Mit diesen Informationen geht sie davon aus, dass sie und voraussichtlich auch ihr Bruder keinen Elternunterhalt zahlen müssen. Das wäre schon eine finanzielle Belastung für sie gewesen. Ob ihre Schwester über der Grenze verdient und eventuell Elternunterhalt zahlen muss, ist noch zu klären.

Frau Schober informiert abschließend, dass der Sozialhilfeträger i.d.R. die restlichen Pflegekosten deckt, sofern keine Unterhaltszahlungen eingefordert werden können oder der Elternunterhalt nicht ausreichend ist. Zuletzt ist Frau Liebthaler noch daran interessiert zu erfahren, wie Sie und Ihre Familie für so einen Fall hätte vorsorgen können. Sie möchte nicht, dass ihr Ehepartner oder ihre Kinder in eine ähnliche Situation geraten.

Frau Schober erklärt, dass eine Pflegezusatzversicherung für diesen Fall vorsorgen kann. Frau Mahler bedankt sich für den Tipp und möchte, wenn der aktuelle Sachverhalt geklärt, sich mit dem Thema Pflegezusatzversicherung beschäftigen. Sie hat nun bemerkt, wie wichtig es sein bereits in jungen Jahren an eine Pflegevorsorge zu denken.

Quellen:

Verbraucherzentrale
Online-Quelle. URL: https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/gesundheit-pflege/pflegeantrag-und-leistungen/elternunterhalt-kinder-zahlen-erst-ab-100000-euro-jahreseinkommen-28892,
zuletzt abgerufen am 23.01.2020

Bundesministerium für Arbeit und Soziales
Online-Quelle. URL: https://www.bmas.de/DE/Themen/Teilhabe-Inklusion/Politik-fuer-behinderte-Menschen/Fragen-und-Antworten-Angehoerigen-Entlastungsgesetz/faq-angehoerigen-entlastungsgesetz.html,
zuletzt abgerufen am 23.01.2020

Pflege.de
Online-Quelle. URL: https://pflege.de/pflegegesetz-pflegerecht/elternunterhalt/,
zuletzt abgerufen am 24.01.2020

Eltern-Unterhalt.org
Online-Quelle. URL: https://www.eltern-unterhalt.org/,
zuletzt abgerufen am 24.01.2020