Glutenunverträglichkeit – Trend oder Volkskrankheit?

05.03.2019 | Gesundheitstipps

Bei einer Glutenunverträglichkeit reagiert der Darm gereizt auf das Klebereiweiß Gluten. Doch nicht jeder, der im Supermarktregal zu glutenfreien Produkten greift, leidet tatsächlich an Zöliakie. Hier finden Sie alle Zahlen und Fakten zu Gluten.

Menschen mit einer Glutenunverträglichkeit vertragen das Klebereiweiß Gluten nicht, das vor allem in Getreide und Getreideprodukten enthalten ist. Beispiele sind Weizen, Roggen, Gerste, Dinkel, Hafer oder Grünkern. Aber auch in alten Weizensorten wie Einkorn oder Emmer sowie in vielen Fertigprodukten steckt das Eiweiß.1 Schon geringste Mengen Gluten aus der Nahrung genügen bei Menschen mit einer Glutenunverträglichkeit, um im Darm Entzündungen hervorzurufen. Betroffene müssen deshalb auf den Konsum von Gluten strikt verzichten, und zwar lebenslang. Denn die Krankheit ist ein stetiger Begleiter. Medizinisch heißt diese Form der Nahrungsmittelunverträglichkeit auch Zöliakie (früher Sprue).

Ist die Glutenunverträglichkeit eine Volkskrankheit?

Die Glutenunverträglichkeit gehört zu den häufigsten chronischen Erkrankungen in vielen Industrieländern. In den letzten 40 Jahren ist die Zahl der Erkrankten europaweit erheblich angestiegen: von 0,8 auf 9,4 pro 100.000 Einwohner, wie Experten2 ausgerechnet haben. Neue Zahlen der Deutschen Zöliakie Gesellschaft (DZG3 zeigen, dass in Deutschland heute etwa 1 von 100 Personen unter einer Zöliakie leidet. Früher gingen Experten von deutlich niedrigeren Zahlen aus.

Doch nur etwa 10 bis 20 Prozent der Patienten entwickeln das voll ausgeprägte Krankheitsbild der Zöliakie. Etwa 80 bis 90 Prozent leiden dagegen unter untypischen Beschwerden oder die Erkrankung verläuft sogar ganz ohne Symptome.3 Viele wissen deshalb nichts von ihrer Erkrankung im Darm. So schätzen Fachleute, dass die Dunkelziffer der Erkrankten weitaus höher liegen dürfte.4 Unterschiede gibt es bei der Verteilung der Erkrankung auf die Geschlechter: Frauen erkranken dreimal so oft an Zöliakie wie Männer.2

Viele greifen heute in Supermärkten, Bioläden und Drogerien zu Lebensmitteln, die „frei von …“ sind, etwa von Gluten. Sie glauben nach eigener Einschätzung, Gluten nicht zu vertragen, oder versprechen sich davon einen gesundheitlichen Nutzen. Einen Arzt haben sie allerdings nie zur Diagnostik einer Nahrungsmittelunverträglichkeit zu Rate gezogen. Solche laktose- oder glutenfreien Lebensmittel gelten allgemein als „gesünder“, was jedoch nicht der Fall ist. Nur Menschen mit einer Lebensmittelunverträglichkeit profitieren von solchen besonderen Nahrungsmitteln. Der Krankheit vorbeugen können Sie mit glutenfreien Lebensmitteln nicht. Und mit den oft teureren Produkten, die Sie nicht brauchen, schaden Sie zudem Ihrem Geldbeutel.

Das passiert bei einer Glutenunverträglichkeit im Körper

Die Glutenunverträglichkeit zählt zu den Autoimmunerkrankungen. Dabei bildet das Immunsystem aus noch unbekannten Gründen Abwehrstoffe (Antiköper), die die Dünndarmschleimhaut angreifen. In der Folge kann der Körper die Nährstoffe schließlich nicht mehr in ausreichenden Mengen aufnehmen (medizinisch: Malabsorption). Dies führt zu einem Mangel an wichtigen Nährstoffen.3,4

Glutenunverträglichkeit – das sind die Symptome

Nicht nur der Mangel an lebenswichtigen Nährstoffen, sondern auch die Entzündungen im Darm rufen Beschwerden hervor, die oft den gesamten Körper in Mitleidenschaft ziehen. Die wichtigsten sind3,4:

  • Durchfall mit fettigem Stuhl
  • Blähungen
  • aufgetriebener Bauch
  • Bauchschmerzen
  • Übelkeit, Erbrechen
  • erheblicher Gewichtsverlust
  • Blässe
  • sinkende körperliche Leistungsfähigkeit (aufgrund von Eisenmangel)
  • Mangelerscheinungen durch die verminderte Nährstoffaufnahme
  • bei Kindern: zusätzlich Wachstumsstörungen

Nicht jeder Patient mit Zöliakie entwickelt alle genannten Symptome in der gleichen Ausprägung. Die meisten Betroffenen erleben nur vereinzelte oder wenige Beschwerden. Oft ist ein nicht erklärbarer Eisenmangel der erste Hinweis auf die Glutenunverträglichkeit.

Alter schützt nicht vor Glutenunverträglichkeit Die Glutenunverträglichkeit kann prinzipiell in jedem Lebensalter beginnen: bei Kindern, aber auch noch bei älteren Menschen. Am häufigsten macht sie sich zwischen dem ersten und achten Lebensjahr sowie dem 20. und 50. Lebensjahr bemerkbar.3 Wenn Sie bei sich oder Ihrem Kind eine Glutenunverträglichkeit vermuten, suchen Sie immer Ihren Arzt oder den Kinderarzt auf. Nur ein Fachmann kann die Diagnose richtig stellen.

Ursachen der Glutenunverträglichkeit weitgehend unbekannt Bei der Glutenunverträglichkeit spielen die Gene mit. Wer schon an einer Autoimmunerkrankung leidet oder eine Person mit Zöliakie in der Familie hat, besitzt ein erhöhtes Risiko im Vergleich zur Normalbevölkerung. Eine aktuelle Studie (PreventCD-Studie6) ergab, dass etwa 30 bis 40 Prozent der deutschen Bevölkerung eine genetische Veranlagung für die Entwicklung einer Glutenunverträglichkeit in sich tragen, aber nur ein Prozent sie tatsächlich entwickelt.

Forscher nehmen daher an, dass noch andere Faktoren entscheidend an der Entstehung der Krankheit beteiligt sind. Sie vermuten unter anderem Infektionen im frühen Kindesalter - vor allem gehäufte Magen-Darm-Erkrankungen im ersten Lebensjahr -, Umwelteinflüsse oder die Dauer der Stillzeit bei Säuglingen.2,3

Personen mit einer Glutenunverträglichkeit müssen zwar bei ihrer Ernährung einiges beachten und streng auf Gluten verzichten, können aber dennoch genussvoll essen!7

Quellen: