Nackenschmerzen

20.11.2017 | Gesundheitsinfos

Marie-Ch. Fritzsche, Ärztin, Freiburg

Nackenschmerzen umfassen Schmerzen im Bereich des Nackens, also dem oberen Rücken von der oberen Seite der Schultern an bis hin zum Kopf.

Was sind Nackenschmerzen? Häufigkeit

  • Pro Jahr leiden etwa 30–50 % der erwachsenen Bevölkerung unter Nackenschmerzen.
  • Schätzungen zufolge suchen jährlich rund 3 % der Bevölkerung aus diesem Grund einen Arzt auf.
  • Frauen sind öfter als Männer von Nackenschmerzen betroffen, die Häufigkeit steigt zudem mit dem Alter. Dies gilt vor allem für chronische Beschwerden.
  • Bei jungen Erwachsenen treten Nackenschmerzen oftmals akut auf.
  • Ab einem Alter von 20 Jahren sind wiederholte Schmerzphasen nicht ungewöhnlich.

Schmerzmechanismus

  • Die Halswirbelsäule besteht aus sieben Halswirbeln mit dazwischenliegenden Bandscheiben. Zwischen den einzelnen Wirbelkörpern befinden sich viele kleine Gelenke sowie zahlreiche Gelenkbänder, Muskeln und Sehnen. Auch eine Vielzahl an Nerven verläuft in diesem Bereich. All diese Strukturen können bei einer Verletzung oder Entzündung Schmerzen hervorrufen.
  • Nackenschmerzen und ein steifer Nacken kommen recht häufig vor, oftmals ist allerdings unklar, wodurch sie ursprünglich verursacht wurden. Meist sind es verschiedene Faktoren, die bei der Entstehung der Nackenschmerzen eine Rolle spielen.
  • Die Schmerzen strahlen nicht selten vom Nacken in die umliegenden Strukturen wie Kopf, Schultern und Arme aus.
  • Mechanische Belastungen und muskuläre Verspannungen zählen zu den häufigsten Ursachen.

Mögliche Ursachen Häufige Ursachen

  • Steife und schmerzende Nackenmuskulatur:
    • Es handelt sich um die häufigste Ursache. Verspannungen der Nackenmuskulatur beruhen oftmals auf beruflicher oder psychosozialer Belastung oder Sehfehlern.
    • Zu den typischen Beschwerden zählen diffuse, brennende Schmerzen, die häufig beidseitig im Nacken- und Schulterbereich und in Kombination mit diffusen Kopfschmerzen auftreten.
  • Eingeschränkte Beweglichkeit in einem oder mehreren Gelenken der Halswirbelsäule:
    • Auch hierbei handelt es sich um eine der häufigeren Ursachen. Grund für die Bewegungseinschränkung können Abnutzungserscheinungen der Halswirbelsäule oder ein akuter steifer Nacken sein.
    • Zu den typischen Beschwerden zählen diffuse Schmerzen im Nacken- und Schulterbereich, die oftmals auf einer Seite dominieren, die Beweglichkeit der Halswirbelsäule ist eingeschränkt. Häufig treten zusätzlich Kopfschmerzen auf.
    • Nackenkopfschmerzen (zervikogener Kopfschmerz): Der Nackenkopfschmerz beruht oft auf einer eingeschränkten Beweglichkeit eines oder mehrerer Halswirbelsäulen-Gelenke. Der Kopfschmerz tritt meist einseitig auf, ohne die Seite zu wechseln. Die Schmerzen strahlen vom Nacken über den Kopf bis hin zur Schläfen- und Stirnregion aus. Oftmals schmerzen auch Schulter und Arm der betroffenen Seite.
  • Bandscheibenvorfall der Halswirbelsäule (HWS):
    • Hier ist die Ursache eine beschädigte Bandscheibe, die auf die umliegenden Nerven drückt. Insbesondere Personen im Alter zwischen 40 und 60 Jahren sind davon betroffen.
    • Die Symptome können entweder akut auftreten oder sich schleichend mit zunehmenden Beschwerden entwickeln. Es kann zu ausstrahlenden Schmerzen, Kribbeln und Taubheitsgefühlen in den Händen kommen.
  • Verkalkungen im Nacken (Spondylose):
    • Der Begriff Spondylose umfasst degenerative Veränderungen der Halswirbelsäule. Die Spondylose kommt vor allem bei älteren Personen vor.
    • Sie äußert sich durch Nackensteifigkeit sowie ein symmetrisch eingeschränktes aktives und passives Bewegungsvermögen bei sämtlichen Halsbewegungen. Die Spondylose geht vielmals mit keinen oder nur mäßigen Schmerzen einher, z. B. dumpfen Schmerzen im Nackenbereich, die in Schultern und Oberarme ausstrahlen.
  • Schleudertrauma:
    • Das Schleudertrauma tritt häufig im Zusammenhang mit Auffahr- oder frontalen Aufprallunfällen auf.
    • Die Beschwerden treten akut auf, es kommt zu meist mäßiger Steifheit und Schmerzen im Nacken über ein bis drei Tage, die bei 3–5 % aller Betroffenen mit Kopfschmerzen einhergehen. Nur selten (in weniger als 15 % aller Fälle) kommt es zu anhaltenden Schmerzen und Steifheit mit mehr oder weniger starkem Einfluss auf die Funktionsfähigkeit der Halswirbelsäule.
  • Fibromyalgie:
    • Frauen sind häufiger betroffen als Männer.
    • Es handelt sich um eine allgemeine Muskelerkrankung, die in einigen Fällen überwiegend auf den Nacken beschränkte Schmerzen verursachen kann.

Seltene Ursachen

  • Rheumatoide Arthritis:
    • Etwa 1–2 % der Bevölkerung leiden unter einer rheumatoiden Arthritis, Frauen sind häufiger betroffen als Männer.
    • Es handelt sich um eine rezidivierende chronisch-entzündliche Erkrankung, die insbesondere die kleinen Gelenke in den Händen und Füßen betrifft. Meist manifestiert sich die rheumatoide Arthritis in mehreren Gelenken, bei einigen dominieren allerdings Beschwerden im Bereich der Halswirbelsäule.
    • Häufig beginnt sie schleichend in den Finger- und Zehengelenken, mit der Zeit kann sie allerdings auch auf größere Gelenke übergreifen. Normalerweise ist sie symmetrisch ausgeprägt.
  • Morbus Bechterew (Spondylitis ankylosans):
    • Es handelt sich um eine entzündliche Erkrankung, die sich insbesondere im Bereich der Wirbelsäule manifestiert, aber auch in anderen Gelenken vorkommen kann.
    • Sie tritt vermehrt im Alter zwischen 18 und 40 Jahren auf. Meist beginnt sie schleichend mit zunehmenden Rückenschmerzen, die schließlich chronisch werden und über mehr als drei Monate anhalten. Zu den typischen Symptomen gehört die Morgensteifigkeit, die sich im Verlauf des Tages durch körperliche Aktivität verbessert.
  • Polymyalgia rheumatica:
    • Dieses Krankheitsbild tritt vor allem bei Personen über 50 Jahren auf.
    • Zu den typischen Symptomen zählen beidseitige Muskelbeschwerden in der Hüft- und Schultermuskulatur, die mit einer eingeschränkten Beweglichkeit einhergehen.
    • Einige der Betroffenen weisen deutliche Verhaltensänderungen auf, sie sind langsam, ungeduldig und haben starke Konzentrationsschwierigkeiten, manche entwickeln eine Depression.
    • Eine Kortisonbehandlung kann innerhalb weniger Stunden bis Tage zu einer Besserung der Beschwerden führen.
  • Viele weitere Ursachen sind möglich, z. B.:
    • Frakturen und Luxationen im Halsbereich
    • Auch Infektionen können zu Nackenschmerzen führen, wie z. B. bei Hirnhautentzündung (Meningitis), Mandelentzündung (Tonsillitis), Mittelohrentzündung (Otitis media), Nasennebenhöhlenentzündung (Sinusitis) oder bei vergrößerten Hals-/Nackenlymphknoten.
    • Tumore im Hals und in der Schädelregion
    • Bei einer Subarachnoidalblutung (akute Blutung aus großen und mittelgroßen Arterien im Kopf, bevor diese in die Hirnsubstanz eintreten) und vor einer Subarachnoidalblutung bei sogenannten Warnblutungen kann es zu heftigsten Kopf- und Nackenschmerzen kommen. Die Personen äußern dann häufig "Kopfschmerzen wie noch nie zuvor" zu haben.

Was können Sie selbst tun?

  • Muskelverspannungen:
    • Muskelverspannungen sind harmlos und können normalerweise selbst behoben werden. Es ist wichtig, dass Sie körperlich aktiv bleiben.
    • Schauen Sie, ob Ihre Arbeitshaltung möglicherweise zu einseitig ist, sie mehr Pausen einlegen und die Tätigkeiten variieren können. Möglicherweise finden Sie auch bei der Arbeit zwischendurch Zeit, sich ein paar Sekunden oder Minuten zu dehnen und zu strecken.
    • Überlegen Sie, ob es andere Dinge in Ihrer aktuellen Lebenssituation gibt, die eventuell zu den Verspannungen beitragen, und wie Sie diese beheben können.
  • Akute Nackenschmerzen, steifer Nacken, Schiefhals (Torticollis):
    • Normalerweise gehen die Beschwerden von allein zurück. Die Behandlung besteht in Ruhe im Wechsel mit körperlicher Aktivität. Die Schmerzen können bei Bedarf mit Paracetamol oder Ibuprofen gelindert werden.
    • In einigen Fällen kann die kurzzeitige Verwendung einer Halskrause sinnvoll sein. Im Allgemeinen wird davon heutzutage aber eher abgeraten.
    • Regelmäßige Bewegung ist für die Linderung der Beschwerden besonders wichtig.
  • Chronische Nackenbeschwerden:
    • Hier besteht die effektivste Behandlung oftmals in der regelmäßigen sportlichen Aktivität.
    • Von Physiotherapeuten kann für den Patienten ein individuelles Training ausgearbeitet werden.

Wann sollten Sie einen Arzt aufsuchen?

  • Bei akuten starken Schmerzen, insbesondere wenn sie in einen Arm ausstrahlen, sollten Sie einen Arzt konsultieren.
  • Auch anhaltende Beschwerden, die sich mithilfe der genannten Maßnahmen nicht verbessern lassen, sollten eingehender untersucht werden.
  • Darüber hinaus ist eine ärztliche Untersuchung sinnvoll, wenn die Nackenschmerzen mit allgemeiner Krankheit oder Kraftlosigkeit einhergehen.

Wie geht der Arzt vor? Anamnese Der Arzt wird Ihnen eventuell folgende Fragen stellen:

  • Seit wann leiden Sie unter diesen Beschwerden?
  • Wie fingen die Beschwerden an? Liegt eine Verletzung vor?
  • Strahlen die Schmerzen aus?
  • Wenn sie in einen Arm ausstrahlen:
    • Können Sie beschreiben, wo genau es wehtut?
    • Verschlimmern sich die Schmerzen beim Husten und Niesen?
  • Schränken die Schmerzen Sie bei der Ausführung Ihrer täglichen Aktivitäten ein?
  • Haben Sie entsprechende Beschwerden bereits früher einmal gehabt?
  • Gehen die Nackenschmerzen mit Kopfschmerzen einher?
  • Leiden Sie unter Schwindel?

Ärztliche Untersuchung

  • Der Arzt führt eine ausführliche Untersuchung des Nackens durch:
    • Sind Nacken oder Hals schief?
    • Liegen Verspannungen vor? Können die Schultern gesenkt werden?
    • Ist die Nackenmuskulatur auffallend verhärtet und schmerzempfindlich?
    • Bei Verdacht auf einen eingeklemmten Nerv untersucht der Arzt sie darüber hinaus auf eventuelle Nervenschäden.
    • Auch verschiedene Tests, mit deren Hilfe sich die Funktionsfähigkeit des Nackens bewerten lässt, können durchgeführt werden.

Weitere Untersuchungen

  • Blutuntersuchungen sind bei Nackenbeschwerden häufig nicht nötig. Bei Verdacht auf bestimmte Erkrankungen ist es jedoch sinnvoll eine Blutuntersuchung durchzuführen. Wenn z. B. eine Polymyalgia rheumatica vermutet wird, sollte unter anderem die Blutsenkungsgeschwindigkeit bestimmt werden.
  • Vermutet der Arzt einen eingeklemmten Nerv als Ursache der Beschwerden, so erfolgt möglicherweise eine Röntgenuntersuchung oder eine Magnetresonanztomografie.

Überweisung an einen Spezialisten oder ein Krankenhaus

  • Die meisten Nackenbeschwerden können vom Allgemeinmediziner behandelt werden.
  • Bei Verdacht auf einen Bandscheibenvorfall, oder wenn sich der Zustand des Patienten trotz ärztlicher Ratschläge und Behandlungsmaßnahmen nicht bessert, kann eine Überweisung an einen Facharzt erforderlich sein.

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