Nur vergesslich oder schon Alzheimer?

09.09.2022 | Gesundheitstipps

„Ich glaube, ich habe Alzheimer“ sagen viele zum Spaß, wenn sie wieder einmal etwas vergessen haben. Zum Spaßen ist die Erkrankung keineswegs. Lesen Sie hier, wie Alzheimer-Demenz entsteht und woran Sie eine Alzheimer-Erkrankung erkennen.

Was ist Alzheimer?

Bei der Krankheit handelt es sich um die häufigste Form der Demenz. Sie wurde von Alois Alzheimer vor über 100 Jahren zum ersten Mal beschrieben. 60 bis 70 Prozent aller Demenz-Erkrankten leiden an Alzheimer. Alzheimer ist keine Erbkrankheit. Die genaue Entstehung wird noch erforscht. Die Krankheit geht mit dem schleichenden Verlust der geistigen Leistungsfähigkeit einher. Erste Anzeichen sind kleine Vergesslichkeiten, dann fehlen dem Erkrankten plötzlich Begriffe für alltägliche Gegenstände. Womöglich kann ein Patient sich in seiner Umgebung nicht mehr orientieren. Angehörige werden nicht mehr erkannt. Zug um Zug verlieren die Betroffenen alle Fähigkeiten, selbstständig für sich sorgen zu können. In Deutschland leben geschätzte 1,6 Millionen Alzheimer- und weitere Demenzkranke. Ärzte sprechen auch von einer Alzheimer-Demenz, Morbus Alzheimer (Morbus ist das lateinische Wort für Krankheit) oder einer Demenz vom Alzheimer-Typ.

Warum bekommt man Alzheimer?

Alzheimer und andere Formen von Demenz treffen vor allem ältere Menschen. Frauen erkranken häufiger als Männer, weil sie in der Regel älter werden als Männer. Unter 65-jährige erkranken seltener, erst ab dem 75. Lebensjahr gehen die Fallzahlen deutlich nach oben. Die Ursachen für die Erkrankung sind noch nicht vollständig geklärt. Vermutet wird in der Alzheimer-Forschung, dass Eiweißablagerungen im Gehirn, sogenannte Alzheimer-Plaques (französisch „Plaques“ = „Ablagerungen“), für das Absterben der Gehirnzellen verantwortlich sind.

Machen die Eiweißablagerungen im Gehirn vergesslich?

Eine Ursache für das Absterben der Nervenzellen im Gehirn sind nach gängiger Lehrmeinung Eiweißablagerungen (Plaques) zwischen den Nervenzellen in bestimmten Gehirnregionen. Bei diesen Eiweißablagerungen handelt es sich zum einen um Ablagerungen zwischen den Nervenzellen (= amyloide Plaques oder Beta-Amyloid). Zum anderen bildet ein Eiweißstoff verdrehte Knäule innerhalb der Nervenfaser (= Tau-Protein). Das Tau-Protein und die Amyloide sind auch im Gehirn gesunder älterer Menschen zu finden.

Durch die Ablagerungen stellen die Kontaktstellen zwischen den einzelnen Gehirnzellen erst ihre Arbeit ein und werden dann vollständig zerstört. Sind die Synapsen zerstört, sterben die Gehirnzellen selbst ab. Die ersten Krankheitszeichen treten auf, wenn mindesten zehn Prozent der Gehirnzellen nicht mehr zu gebrauchen sind. Je mehr Nervenzellen absterben, umso massiver sind die geistigen Einschränkungen bei den Patienten.

Gestörter Botenstoffhaushalt wirkt sich auf Gedächtnis aus

Bei Erkrankten beobachten Forscher zudem charakteristische Störungen der Gehirnbotenstoffe (= Neurotransmitter). Glutamat ist einer dieser Gehirnbotenstoffe. Der Botenstoff Glutamat ist dafür zuständig, dass wir lernen, uns Sachen merken und an etwas erinnern können. Bei Alzheimer-Patienten ist die Glutamatkonzentration durchgängig zu hoch. Die Nervenzellen sind dadurch dauererregt und können Lernimpulse nicht mehr richtig erkennen und weiterleiten.

Zu niedrig ist bei einer Alzheimer-Erkrankung hingegen der Acetylcholin-Spiegel. Acetylcholin gehört ebenfalls zu den Gehirnbotenstoffen und ist für die Reizweiterleitung zuständig. Der Mangel könnte für die negativen Auswirkungen auf das Gedächtnis-, Sprach- und Denkvermögen verantwortlich sein. Bei der Behandlung wird durch die Verabreichung von Antidementiva versucht, die Störungen des Botenstoffhaushalts zu beheben.

Was sind die Risikofaktoren?

Nach wie vor sind sich die Experten nicht einig, was die Ursachen für eine Alzheimer-Demenz sind. Vermutet wird, dass bestimmte Risikofaktoren die Erkrankung begünstigen. Eine klinische Studie an 7.000 Niederländern ergab beispielsweise, dass Raucher ein doppelt so hohes Risiko haben, an Demenz und der Alzheimer-Erkrankung zu erkranken wie Nichtraucher. Das Alter ist ebenfalls ein Risikofaktor. Doch nur weil wir alt sind, müssen wir nicht erkranken. Es müssen noch weitere begünstigende Faktoren hinzukommen.

Zu den Risikofaktoren zählen

  • Bluthochdruck (Hypertonie)
  • Adipositas (Übergewicht)
  • Bewegungsmangel
  • Rauchen
  • Alkoholkonsum
  • Arterienverkalkung (Arteriosklerose)
  • Zuckerkrankheit (Diabetes)
  • zu hoher Cholesterinspiegel
  • Schilddrüsenunterfunktion
  • Schilddrüsenüberfunktion
  • wenig geistige Beanspruchung
  • Depressionen

Welche Symptome hat man bei Alzheimer?

Wie eine Alzheimer-Demenz verläuft, lässt sich nicht exakt vorhersagen. Meist sind die ersten Symptome relativ unspektakulär. Mal fehlen Worte, dann wird aus "Messer" einfach "das Ding, mit dem ich die Butter aufs Brot schmieren kann". Ein andermal wird der Name des Enkelkindes nicht erinnert. Oder Muttis Portemonnaie findet sich nach langer Sucherei im Kühlschrank wieder. Bei Alzheimer verschlimmern sich die Symptome schleichend – aber unaufhaltsam. Mit Hilfe von Medikamenten wie Antidementiva kann der Prozess zwar etwas verlangsamt werden, gestoppt werden kann er nicht. Hier finden Sie die wichtigsten Symptome bei dieser Form der Demenz:

Gedächtnisstörungen
Im Anfangsstadium ist zunächst nur der Teil des Kurzzeitgedächtnisses betroffen, der für die Übertragung ins Langzeitgedächtnis zuständig ist. Im weiteren Verlauf verschlechtert sich selbst das Langzeitgedächtnis.

Effekt: Betroffene erzählen immer wieder die gleichen Geschichten, wiederholen ständig dieselben Fragen, können einem Fernsehfilm nicht mehr folgen, keine langen Texte mehr lesen, Absprachen werden vergessen.

Agnosie
Agnosie führt dazu, dass Betroffenen Dinge und Menschen fremd werden und sie diese nicht mehr erkennen können.

Effekt: Betroffene sehen vor sich auf dem Tisch einen Apfel, können diesen aber nicht mehr als Apfel identifizieren und wissen auch nicht, was man damit macht. Bei der Prosopagnosie leidet der Erkrankte daran, Gesichter ihm bekannter Menschen nicht mehr zu erkennen. Im fortgeschrittenen Stadium werden selbst pflegende Angehörige nicht erkannt.

Orientierungsstörungen
Hier kommt es zu Störungen und einem Verlust der Orientierung über Raum (Stadt, Land, Gebäude), Zeit (Datum, Woche, Jahr, Jahreszeit), Situation (Wo bin ich? Warum bin ich hier?) und Person (Lebenssituation, Alter, Angehörige).

Effekt: Betroffene kennen ihren Aufenthaltsort nicht, Verwandtschaftsbeziehungen werden vergessen, Verabredungen nicht eingehalten, sie gehen im Winter barfuß auf die Straße.

Sprachstörungen
Jeder von uns kennt das. Es liegt einem ein Wort auf der Zunge, aber es fällt einem partout nicht ein. Alzheimer-Patienten haben dieses Gefühl ganz oft. Sie haben aber nicht nur Wortfindungsprobleme, sondern darüber hinaus Probleme beim Verstehen und sie haben Probleme, etwas zu benennen. Sprachstörungen werden oft von den Erkrankten bewusst erlebt.

Effekt: Sprachstörungen wie Wortfindungsstörungen treten bei Betroffenen viel häufiger auf, als im Normalfall. Es kann sein, dass Betroffene ewig um den heißen Brei herum reden, weil ihnen ein Begriff nicht einfällt.

Schreib-, Lese- und Rechenstörungen
Im Laufe einer Erkrankung fällt es Betroffenen immer schwerer, Texte zu Papier zu bringen und zu lesen, die Inhalte zu verstehen oder mit Zahlen umzugehen, da in der dafür zuständigen Gehirnregion die Gehirnzellen absterben. Das schränkt die selbstständige Lebensführung massiv ein und kann Ängste auslösen, weil einfache schriftliche Nachrichten nicht mehr verstanden werden können.

Effekt: Bücher können nicht mehr gelesen, Briefe nicht mehr geschrieben und Notizen ("ich gehe kurz etwas für dich einkaufen und bin gleich wieder da") können nicht mehr verstanden werden. Finanzielle Angelegenheiten können ohne fremde Hilfe nicht geregelt werden.

Denkabläufe und Urteilsvermögen sind beeinträchtigt
Patienten sind oft bei einfachsten Entscheidungen überfordert und können Situationen immer schlechter beurteilen. Flexibilität und Anpassungsleistungen werden immer weniger erbracht. Effekt: Betroffene brauchen Entscheidungshilfe, was sie anziehen sollen, vergessen, wie bestimmte Gerichte zubereitet werden (und dass sie eigentlich dafür zuständig waren). Haushaltgeräte können sie völlig zur Verzweiflung bringen, spontane Besuche ebenfalls. Tätigkeit des Gehirns verlangsamt sich Auf Situationen (Wo befinde ich mich? Wie schnell bewege ich mich? Muss ich ausweichen?) wird immer verzögerter reagiert. Die Reaktionsgeschwindigkeit und überhaupt die Geschwindigkeit der Informationsverarbeitung nehmen ab. Es treten motorische Probleme beim Gehen auf, weil das Gehirn nicht mehr in der Lage ist, die genaue Körperposition zu melden und dementsprechend die nötigen Maßnahmen zu Beibehaltung des Gleichgewichts "durchzugeben".

Effekt: Die Geschwindigkeit eines Fahrzeugs kann nicht mehr eingeschätzt werden. Inhalte von Fernsehbeiträgen oder Radiosendungen werden nicht mehr begriffen.

Konzentrationsprobleme
Die Konzentrationsleistung lässt immer weiter nach. Störreize (Verkehrsgeräusche) und selbst Kleinigkeiten (Blatt am Boden) können Betroffene soweit von ihrer Tätigkeit ablenken, dass sie vergessen, was sie eigentlich machen wollten.

Effekt: Betroffenen fällt es immer schwerer, bei der Sache zu bleiben, sie müssen beispielsweise beim Zähneputzen oder Haare kämmen immer wieder ermahnt werden, damit sie die geplante Tätigkeit beenden.

Psychische Veränderungen/Persönlichkeitsveränderungen
Bei einer Alzheimer-Demenz kann es auch zu psychischen Veränderungen und Veränderungen der Persönlichkeit kommen, die für Angehörige sehr belastend sein können. Allerdings treten diese Symptome nicht bei allen Betroffenen auf.

Effekt: Angststörungen, Depressionen, Nervosität, Halluzinationen und Wahnvorstellungen oder Persönlichkeitsveränderungen wie z. B. Stimmungsschwankungen, Aggressivität etc.

Diagnose: Wie wird eine Erkrankung erkannt?

Nur etwas vergesslich oder schon dement? Die Diagnose von Alzheimer ist nicht einfach. Es gibt verschiedene diagnostische Instrumente, die versuchen, über Untersuchungen, bildgebende Verfahren und Tests die körperlichen und geistigen Defizite des Gehirns zu erfassen. Meist ist ein multidisziplinäres Team an der Diagnose von Alzheimer beteiligt.

Wie wird die Alzheimer-Krankheit behandelt?

Es gibt bis jetzt keine Medikamente, die die Krankheit heilen können. Aber es gibt zur Behandlung einige Medikamente, die die Symptome verlangsamen und dadurch die Lebensqualität und den Alltag von Betroffenen verbessern. Ziel einer medikamentösen Therapie ist es einerseits, den Abbau der kognitiven Fähigkeiten mit sogenannten Antidementiva zu verringern, andererseits die begleitenden Symptome wie Depression oder Unruhe zu lindern. Hinzu kommen nicht-medikamentöse Maßnahmen, die die Alltagskompetenz der Betroffenen möglichst lange aufrechterhalten sollen. Dazu gehören Psychotherapie und Soziotherapie. Das heißt jedoch keinesfalls, dass die Betroffenen durch das Erlernen neuer Verhaltensweisen besser mit der Situation klarkommen. Gefordert sind hier eher die Angehörigen und das Pflegepersonal, die lernen müssen, sich an die neue Situation anzupassen.

Alzheimer-Prävention: Wie kann ich einer Erkrankung vorbeugen?

Studien zeigen, dass Bewegung, gute soziale Kontakte, geistige Fitness und eine ausgewogene Ernährung das Risiko senken können.

Quellen: