Einfach gut beraten im November: Wahlleistungsvereinbarung

07.11.2019 | Gesundheitskompetenz

Herrn Karl Krowoski (Name geändert, Anm. d. Red.) wurde vor zwei Monaten der Blinddarm entfernt. Bei der Krankenhausaufnahme damals unterschrieb er ohne Bedenken die sogenannte Wahlleistungsvereinbarung. Da er eine stationäre Zusatzversicherung hat, wollte er eine Chefarztbehandlung und natürlich auch die Annehmlichkeit eines Zweibettzimmers in Anspruch nehmen.

Bereits während seines Aufenthaltes war er sehr verunsichert, weil er den in der Wahlleistungsvereinbarung als Chefarzt benannten Herrn Prof. Dr. Goldfinger (Name geändert, Anm. d. Red.) kein einziges Mal zu Gesicht bekam. Aber er schob diese Gedanken beiseite. Schließlich war er aufgeregt und wollte einfach nur diese Operation gut überstehen. Zudem wirkte auch der Stationsarzt, der die Aufklärung für die Operation mit ihm durchführte und sich als Operateur vorstellte, ganz nett und kompetent. Auch wenn es ihm heute gut geht und die Operation gut verlief, ist er sehr erstaunt über die Krankenhausrechnung, die er heute im Briefkasten vorfindet – eine Chefarztrechnung von Prof. Dr. Goldfinger. Kann das sein? Eine privatärztliche Rechnung, obwohl er den Chefarzt nicht mal kennengelernt hat? Er ruft bei der SDK Gesundheitsberatung an und spricht mit der Juristin des Beratungsteams, Frau Nükhet Kulak-Müller. Die Juristin kennt dieses Problem.

Wenn die Patientenaufnahme eines Krankenhauses von einer Vollversicherung oder stationären Zusatzversicherung erfährt, wird den Patienten häufig eine Wahlleistungsvereinbarung zur Unterzeichnung vorgelegt. Doch Wahlleistungsvereinbarungen unterliegen strengen gesetzlichen Bestimmungen. Ziel des Gesetzgebers und der Rechtsprechung ist es, den Patienten vor unseriösen Vereinbarungen und daraus entstehenden Kostenfallen zu schützen. Die Beraterin erklärt Herrn Krowoski, dass sowohl das Bürgerliche Gesetzbuch als auch die Gebührenordnung für Ärzte gesetzlich vorgibt, dass ein Arzt nur persönlich erbrachte Leistungen in Rechnung stellen darf. Dieser Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung gilt erst Recht bei einer ärztlichen Wahlleistungsvereinbarung. Denn schließlich möchte ein Patient, der Wahlleistungen in Anspruch nimmt, die persönliche Behandlung und Zuwendung des Chefarztes zu den allgemeinen Krankenhausleistungen hinzukaufen.

Frau Kulak-Müller, die auf diesem Gebiet langjährige Berufserfahrung mitbringt, berichtet, dass im Klinikalltag Chefärzte trotz unterzeichneter Wahlleistungsvereinbarung leider nicht selten die Behandlung nicht persönlich durchführen. Dies kann unterschiedliche Gründe haben. Sie führt aus, dass es beispielsweise sein kann, dass der Chefarzt im Urlaub ist oder auf einem Kongress. Selbstverständlich kann es sich aber auch um eine unvorhersehbare Abwesenheit handeln, wie zum Beispiel ein Notfall in der Klinik oder die kurzfristige Erkrankung des Chefarztes. Man muss also zwischen einer geplanten bzw. vorhersehbaren und einer plötzlichen bzw. unvorhersehbaren Abwesenheit des Chefarztes unterscheiden: Wenn bereits vor Abschluss der Wahlleistungsvereinbarung klar ist, dass der Chefarzt am besagten Behandlungstag nicht anwesend ist (Urlaub, außerhalb des Dienstplanes etc.), muss der Patient so früh wie möglich über die Verhinderung des Chef- bzw. Wahlarztes unterrichtet werden. Laut einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes aus dem Jahre 2007, sagt Frau Kulak-Müller, müssen dem Patienten sodann verschiedene Alternativen angeboten werden:

  • Anstelle des Chefarztes erbringt ein bestimmter Vertreter die wahlärztliche Leistung.
  • Oder der Patient kann auf die Chefarztbehandlung verzichten und sich ohne Zuzahlung von dem jeweils diensthabenden Arzt behandeln lassen.
  • Als weitere Alternative kann der Patient den bevorstehenden Eingriff, wenn medizinisch möglich, zeitlich verschieben.

Anders ist es bei einer unvorhersehbaren Verhinderung des Chef- bzw. Wahlarztes (Notfall, Erkrankung des Wahlarztes usw.). Dieser Fall kann bereits in der Wahlleistungsvereinbarung geregelt sein, nämlich durch die Benennung eines ständigen ärztlichen Vertreters, der in einem unvorhersehbaren Verhinderungsfall die Leistungserbringung übernimmt. Gewährt wird dem Wahlarzt ein einziger ständiger ärztlicher Vertreter, in Ausnahmefällen einer je Zuständigkeitsbereich.

Herr Krowoski fasst für sich zusammen: Ihm wurde vor Unterzeichnung der Wahlleistungsvereinbarung nichts über eine Abwesenheit des Chefarztes gesagt. Auch ist er sich sicher, dass der Stationsarzt, der den Eingriff bei ihm durchgeführt hat, nicht der auf der Wahlleistungsvereinbarung benannte ständige ärztliche Vertreter von Herrn Prof. Dr. Goldfinger ist. Die Liste hatte er sich nämlich im Rahmen der Aufklärung zur Wahlleistungsvereinbarung durchgelesen. Dann, sagt Frau Kulak-Müller, ist die Wahlleistungsvereinbarung nichtig und somit insgesamt unwirksam. Daraus folgt, dass kein Honoraranspruch besteht. Der Ratsuchende bedankt sich herzlich. Er sichert zu, dass er sich umgehend an die Leistungsabteilung der SDK wenden und ihnen berichten wird. Auch wird er sich an die Verrechnungsstelle wenden, die die Rechnung im Auftrag erstellt hat und seine Beschwerde vorbringen.